Seniorenferien

«Wir suchen das Paradies» lautete das Thema der diesjährigen Seniorenferien. 22 TeilnehmerInnen genossen wunderschöne tage im Hotel Rössle in Bernau. Jeden Tag erzählte uns «Herr Wohllieb» von seinen Erfahrungen mit dem Paradies. Hier sein Wochenrückblick:

Herr Wohllieb mag keine Abschiede.

Schon gar nicht von so netten Menschen an so einem schönen Ort. Endlich hat man sich aneinander gewöhnt. Kennt alle Namen. Weiss um die Eigenarten – wer früh da ist und wer eher spät kommt. Wer vorausläuft und wer es lieber gemütlich nimmt. Endlich hat man sich an alle und alles gewöhnt. Und dann: schon wieder vorbei.

«Sieben Tage scheinen einem lang,» denkt Herr Wohllieb, «wenn man sie noch vor sich hat. Aber hinterher scheinen sie verflogen wie im Nu.»

«An dieses Hotel könne man sich gewöhnen,» sagt Herr Wohllieb zu Sophie. «Diese Zimmer, so gross und behaglich. Und alle mit Balkon. Und mit walk-in-Dusche. In der könnte man sogar gemeinsam singen.» «Oh,» Sophie ist erstaunt, »und das habt ihr wirklich gemacht?» «Natürlich.» sagt Herr Wohllieb, «wir haben zusammen gesungen. Und wie! Mit Klarinettenbegleitung. Himmlisch! Und stell dir vor, ich hatte sogar zwei Betten für mich alleine.»

«Wozu braucht man denn zwei Betten,» wundert sich Sophie. «Falls eines zu hart ist, kann man ins andere wechseln. Bei manchen hat’s geholfen,» klärt Herr Wohllieb sie auf.

«Und erst das Essen!» Herr Wohllieb schnalzt mit der Zunge. «Spitzen-klasse! Was gab es nicht alles: Tafelspitz, Forellenfilets, Rehragout, Roulladen, Gemüsecurry und Chilli  – hot! Very hot! Und jeden Tag zauberhafte Dessertträume! Paradiesisch! Alles war so gut, dass einige alle vier Gänge verputzten, ohne mit der Wimper zu zucken. Und das, obwohl die Fachleute sagen, dass man Alter nicht mehr so viel essen mag.»

«Na ja,» lachte er, «die vorigen Kalorien konnte man dann beim Frühsport loswerden: Bauch – Beine – Po. Alles kam dran. Ich kann dir  sagen: danach waren alle so richtig «hallo wach».

«Kennen sie den Schwarzwälder Dom, Sophie? Den in St. Blasien. Den mit der riesigen Kuppel. Da müssen sie unbedingt mal reinschauen. Ganz in weiss! Himmlisch schön. Man fragt sich nur, wie so ein kleiner Ort zu so einen grossen Kirche kommt? «Keine Ahnung» murmelte Sophie. «Fragen sie unseren Pfarrer,» riet ihr Herr Wohllieb, «der kann ihnen das erklären, sofern ihn niemand drausbringt.»

«Die Ausflüge waren auch super. zB ins Uhrenmuseum. Hätten sie gewusst, wie eine astronomische Uhr funktioniert und wie man sie für die nächsten 10 000 Jahre exakt am Laufen halten kann? Ich sage ihnen: die das erfunden haben, das waren Genies! Und fast alle kamen aus dem Schwarzwald.»

«Und ich dachte, die Schweizer hätten die Uhr erfunden,» wendete Sophie ein. «Leider nicht,» bedauerte Herr Wohllieb, «die Schweizer waren bessere Händler als Erfinder. Zum Beispiel die Zähringen, das waren wackere Schweizer mit Geschäftssinn. Unter anderem haben sie in St. Peter ein Kloster als Grablege für ihre Verstorbenen erbaut und dann mit den Lebenden die ganze Gegend abkassiert.»

«Aha,» staunte Sophie. «Genau»,» wusste Herr Wohllieb, «in AHA waren wir auch. Sogar mit dem Schiff. Über den Schluchsee. War das schön! Trotz ein paar Regentropfen. Regen macht bekanntlich schön.»

«Wellness auch,» warf Sophie ein. «So eine Massage – hinten oder vorn, oder eine Pedicure, das macht glücklich. Und wer glücklich ist fühlt sich sofort jünger.» «Und wer sehr glücklich ist,» lächelt Herr Wohllieb, « fühlt sich sehr jung. So wie der Resen-Hans oder die Dame im Geschenklädeli, die hat die Freude an der Arbeit jung gehalten, dabei ist sie schon 105 Jahre alt. Oder wie die beiden Sängerinnen, Heidi und Erika, in ihrer schönen Bernauer-Tracht, die uns mit alten Melodien entzückten. Singen ist doch auch ein Jungbrunnen.»

«Ach, der Schwarzwald ist halt schön und voller Überraschungen. Diese Wälder und Täler und schönen Häuser. Und was die alles aus Holz machen. Nicht nur Schindeln, auch Vasen und Pfeffermühlen und Engel. Und alles von Hand! Oder die Torten. Sooooo hoch sind die. Erste Sahne. Und Bier brauen können sie auch noch. Tannezäpfli von Rothaus. Das schmeckt immer! Wirklich eine paradiesische Gegend. Da fühlt man sich dem lieben Gott irgendwie näher.»

Herr Wohllieb seufzt -halb glücklich, halb traurig. «Nur jetzt, wo ich mich an alles gewöhnt habe, heisst es Abschied nehmen.»

«Aber mit Stil,» meint Sophie. Sie denkt dabei an den Stopp auf der Heimfahrt im Buuremarkt, wo der Schwarzwälder Schinken so herrlich duftete. Und an Waldshut mit seiner hübschen Altstadt, wo man so schön lädele konnte. Und an die letzte Einkehr in der Chämmihütte in Untersiggental.

«Nobel geht die Welt zu Grunde,» denkt Herr Wohllieb, und fragt sich, wer von uns in solch einem gehobenen Haus einfach so eingekehrt wäre. «Unser Pfarrer hat eben beste Beziehungen. Bis ganz nach ganz oben,» sagte er. «Auf jeden Fall haben wir in dieser Woche ein Stück vom Paradies erlebt. Oder nicht?»

Und nächstes Jahr? Da fahren wir vom 22. – 28.Juni 2019 nach Bad Wörishofen. Da kann man sich schon jetzt drauf freuen.

Pfr. Andreas Geister